Verfasst: Mi 11. Feb 2009, 17:32
Hallo Falko,
hier die "ungeschminkte" Schilderung meines Abstieges vom Vatnajökull, wie ich sie kurz nach der Rückkehr von der Tour geschrieben habe. Der ganze Bericht findet sich auf meiner Website: http://www.martin-huelle.de/start/index ... =3&lang=de
Also:
Abstieg im Eischaos
Anderntags lasse ich die Hütten hinter mir zurück (Anmerkung: die Grimsvötn-Hütten), und nach dem Aufstieg zum Pass zwischen Grimsfjall und Háabunga beginnt mein Abstieg vom Vatnajökull. Das Gletscherpanorama wird dabei immer beeindruckender. Ringsum erstreckt sich die weiße Weite, am Horizont nur ein paar Felsgipfel. Mit der Sonne im Gesicht laufe ich fast in einen Rausch. Bevor der Schnee nassem Sumpf und hartem Eis weicht, baue ich letztmalig auf dem Gletscher mein Zelt auf. Der Tungnaárjökull liegt nun vor mir, über den ich in eisfreie Regionen gelangen will.
Doch der Vatnajökull will mich nicht so leicht gehen lassen. Es beginnt mit grobem Eis, von Rissen durchzogen. Gefolgt von Gletschersumpf, manchmal nass und grundlos. Bis tiefere Querrinnen auftauchen, ist ein zügiges Gleiten mit den Skiern zwischen zahllosen Bächen noch möglich. Als es noch unebener wird, muss ich die Skier ablegen und zu Fuß weiter laufen. Regen kommt auf, die Sicht reduziert sich auf ein Minimum. Auf einmal wird das Gelände immer zerrissener. Der Schlitten kippt zwischen den Buckeln laufend um. Es wird schwer, die korrekte Richtung zu halten. Und bevor ich es richtig wahrnehme, stehe ich auf schmalen Eisrücken zwischen tiefen Rissen und Spalten. Ich fühle mich gefangen. Wolken hüllen mich ein. Ein zermürbendes Hin und Her beginnt. Vatnajökull GletscherspaltenIch springe über Abgründe und zerre den Schlitten brutal hinter mir her. Pausen werden unwichtig. Ich will nur noch runter vom Eis. Aber noch sind es viele Kilometer. GPS und Kompass weisen mir den Weg durch das Eischaos. Kleine Buckel, Verwerfungen, Risse, Bäche, Strudellöcher. Immer wieder verhakt der Schlitten. Es geht abwärts. Das Eis wird glatter, blank gespült vom Regen. Einmal falle ich hin. Ich rappele mich wieder auf und laufe vorsichtig weiter. Die Wolkendecke hebt sich. Ich kann eisfreies Land sehen. Noch ein Stück, dann stehe ich am Rand eines Gletschersees. Aber dessen Ausfluss kann ich nicht queren. Noch einmal muss ich zurück auf das Eis und hinüber laufen zur Wasserscheide zwischen den Flüssen Skaftá und Tungnaá. Einen matschigen Geröllhang hinauf schleife ich meine Ausrüstung auf trockenen Boden. Rastlos blicke ich über die Landschaft. Ein Freudenschrei, dann kommen heftige Tränen. Ich habe es geschafft. Ein harter Tag liegt hinter mir. Und der Vatnajökull. Im Zelt komme ich langsam zur Ruhe. Meine Empfindungen sind so zerrissen wie das überwundene Gelände.
Soweit die Schilderung. Wobei es danach eigentlich noch schlimmer wurde, als mir am Langisjór beinahe das Zelt davonflog ...
Viel Spaß,
Martin
hier die "ungeschminkte" Schilderung meines Abstieges vom Vatnajökull, wie ich sie kurz nach der Rückkehr von der Tour geschrieben habe. Der ganze Bericht findet sich auf meiner Website: http://www.martin-huelle.de/start/index ... =3&lang=de
Also:
Abstieg im Eischaos
Anderntags lasse ich die Hütten hinter mir zurück (Anmerkung: die Grimsvötn-Hütten), und nach dem Aufstieg zum Pass zwischen Grimsfjall und Háabunga beginnt mein Abstieg vom Vatnajökull. Das Gletscherpanorama wird dabei immer beeindruckender. Ringsum erstreckt sich die weiße Weite, am Horizont nur ein paar Felsgipfel. Mit der Sonne im Gesicht laufe ich fast in einen Rausch. Bevor der Schnee nassem Sumpf und hartem Eis weicht, baue ich letztmalig auf dem Gletscher mein Zelt auf. Der Tungnaárjökull liegt nun vor mir, über den ich in eisfreie Regionen gelangen will.
Doch der Vatnajökull will mich nicht so leicht gehen lassen. Es beginnt mit grobem Eis, von Rissen durchzogen. Gefolgt von Gletschersumpf, manchmal nass und grundlos. Bis tiefere Querrinnen auftauchen, ist ein zügiges Gleiten mit den Skiern zwischen zahllosen Bächen noch möglich. Als es noch unebener wird, muss ich die Skier ablegen und zu Fuß weiter laufen. Regen kommt auf, die Sicht reduziert sich auf ein Minimum. Auf einmal wird das Gelände immer zerrissener. Der Schlitten kippt zwischen den Buckeln laufend um. Es wird schwer, die korrekte Richtung zu halten. Und bevor ich es richtig wahrnehme, stehe ich auf schmalen Eisrücken zwischen tiefen Rissen und Spalten. Ich fühle mich gefangen. Wolken hüllen mich ein. Ein zermürbendes Hin und Her beginnt. Vatnajökull GletscherspaltenIch springe über Abgründe und zerre den Schlitten brutal hinter mir her. Pausen werden unwichtig. Ich will nur noch runter vom Eis. Aber noch sind es viele Kilometer. GPS und Kompass weisen mir den Weg durch das Eischaos. Kleine Buckel, Verwerfungen, Risse, Bäche, Strudellöcher. Immer wieder verhakt der Schlitten. Es geht abwärts. Das Eis wird glatter, blank gespült vom Regen. Einmal falle ich hin. Ich rappele mich wieder auf und laufe vorsichtig weiter. Die Wolkendecke hebt sich. Ich kann eisfreies Land sehen. Noch ein Stück, dann stehe ich am Rand eines Gletschersees. Aber dessen Ausfluss kann ich nicht queren. Noch einmal muss ich zurück auf das Eis und hinüber laufen zur Wasserscheide zwischen den Flüssen Skaftá und Tungnaá. Einen matschigen Geröllhang hinauf schleife ich meine Ausrüstung auf trockenen Boden. Rastlos blicke ich über die Landschaft. Ein Freudenschrei, dann kommen heftige Tränen. Ich habe es geschafft. Ein harter Tag liegt hinter mir. Und der Vatnajökull. Im Zelt komme ich langsam zur Ruhe. Meine Empfindungen sind so zerrissen wie das überwundene Gelände.
Soweit die Schilderung. Wobei es danach eigentlich noch schlimmer wurde, als mir am Langisjór beinahe das Zelt davonflog ...
Viel Spaß,
Martin