Islandtour 2012

Mit eigenem oder gemieteten Auto oder Wohnmobil.
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sigma
Skogafoss-Surfer
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Islandtour 2012

Beitrag von sigma » Sa 11. Aug 2012, 00:17

Wir (m, f, 48) sind in diesem Jahr (2012) zum ersten Mal nach Island gefahren. Viele Informationen habe ich aus diesem Forum erhalten und möchte für diejenigen, die in der nächsten Zeit ebenfalls zum ersten Mal Island besuchen, unsere Erfahrungen niederschrieben. Vielleicht sind sie ja hilfreich. Wir waren mit einem T4 mit Hochdach (normaler Frontantrieb, 50kW, 210Tkm) unterwegs.

Planung

Island ist groß. Klingt banal, ist aber gut immer im Hinterkopf zu behalten. Ich hatte vor dem Losfahren die Befürchtung, an schönen Dingen vorbei zu fahren, weil man sich zu viel vornimmt, und/oder einfach nicht das richtige Auge für die Dinge, die Island ausmachen, entwickelt. Letztlich haben wir das getan, was wir in jedem anderen Land auch machen. Zu einem Teil fahren wir interessante Punkte an, um sie sich anzusehen, und nach kürzerem Aufenthalt weiter zu fahren. Zu einem anderen Teil aber fahren wir Orte an, von denen wir glauben, dass wir dort einen Eindruck von einem Teil des Landes gewinnen können und bewegen uns dort mit Bus, Rad oder zu Fuß weiter. In Island hat unser Auto an 5 von 14 Tagen „Totalpause“ gehabt. Dies bedingt letztlich, dass man einen Teil eines Landes sieht, einen anderen eben nicht. So sind wir zB nicht am Dettifoss gewesen. Wir haben die Zeit lieber in einen Spaziergang in der Nähe von Raufarhöfn investiert. Retrospektiv hat sich dies auch in Island als goldrichtig erwiesen. Es ist illusorisch alles sehen zu wollen. Egal wie lange man bleibt. Dazu ist das Land zu groß, und es gibt viel zu viele Dinge zu entdecken oder zu sehen. Ein Detail gefällig? Es gibt an jedem oder fast jedem Parkplatz in Island Informationstafeln auf denen sehr Wissenswertes über die nähere Umgebung oder den Rastplatz selbst zu lesen steht. Wir haben an einer Milchkanne (wirklich wahr) gehalten und gelernt, dass der Unterstand, der sich daneben befand, der letzte übrig gebliebene Unterstand für Milchkannen in Island war. Diese Unterstände waren vor nicht einmal 50 Jahren noch dringend notwendig, da die Kannen wegen der verkehrlich und wetterbedingt unzuverlässigen Abholung, wettergeschützt werden mussten. Insofern kann man leicht seinen Aufenthalt damit verbringen, alle Parkplätze anzufahren. Wie also aussuchen? Nun, da denke ich, das muss jeder für sich selbst machen und entscheiden. Ich habe unser Runde letztlich nach dem Fussballspielplan (findet man auf ksi.is) geplant. Klingt verrückt, ist aber leider (?) die Wahrheit.

Muss man natürlich nicht alles genauso machen. Wer Interesse hat, kann gerne unsere Route per PN bekommen.

Ansonsten fand ich die Informationen, die die verschiedenen isländischen Stellen (Startpunkt: de.visiticeland.com) im Netz zur Verfügung stellen, wirklich ausgezeichnet, um sich vorzubereiten und zu planen. Mit ein klein wenig Imagination sind auch die Texte auf isländisch zu dechiffrieren. Zumindest empfand ich es so. Wo es sinnvoll scheint, sind links angegeben.

Die meisten Islandbesucher werden sich für einen Abstecher auf die Färöer entscheiden. Kann ich nur empfehlen. Wir haben unseren als Abschluß gewählt. Würden wir wieder so machen. Die Ankunftszeit (3:30) war sehr früh, aber egal. So hatten wir drei volle und tolle Tage. Es war ein gelungener Abschluss. Die Färöern sind ein Archipel mit vielen wunderbaren Ecken. Da es dort aber praktisch keine Bäume gibt, die Temperaturen gefühlt niedriger als in Island sind und die Highlights in geringer Entfernung voneinander ist es ein komplett anderes, ein kompakteres „Erleben“ als Island. Ausserdem freut man sich auf Island, wenn man dahin will, nicht wahr? Nur unser Geschmack.

Zoll/Einfuhr (http://www.tollur.is)

Die Einfuhrvorschriften haben uns echt Kopfzerbrechen bereitet. Wir sind es normalerweise gewohnt, unseren Schrank voll zu packen, und viele Lebensmittel (mit den Limits an Alkohol haben wir nie ein Problem, auch diesmal nicht – werden ausgeschöpft und damit gut) aus Deutschland mitzunehmen. Wir haben uns aber streng an die Einfuhrvorschriften gehalten. Hatten dann aber 4 kg Lebensmittel zuviel. Wir haben eine Liste geschrieben und wollten diese Lebensmittel dann bei Einreise deklarieren. Ehrlich gesagt, es war genau richtig. Wir sind die einzigen gewesen, die durch das Tor „Waren zu verzollen“ gefahren sind. Entsprechend groß war die „Aufregung“ am Zoll. Der Kollege am Zahlschalter hat wohl 10 Minuten gebraucht, bis er unser Ansinnen wirklich in sich aufgenommen hatte. Wir haben dann für nicht ganz 2 € (324 Kronen) eine Bescheinigung mit Stempel und Pipapo bekommen und konnten dann unbehelligt von dannen ziehen. Das beste und originalste isländische Souvenir, dass wir bekommen konnten. Ziert unseren Sack an Mitbringseln.

Unsere Vorräte (vor allem Käse und Milch) haben wir dann nicht in Egilstadir, sondern im nächsten größeren Ort, durch den wir gekommen sind, ergänzt. War auch genau richtig. Keine Menschenmassen, kein Gedrängel. Und in vier Stunden ist noch niemand verhungert oder verdurstet ;-). Die drei genannten Supermärkte haben eigene Seiten mit einer Aufstellung aller Niederlassungen. Habe ich mir ausgedruckt und mitgenommen.

Strasssen (http://www.vegagerdin.is) und Tankstellen

Hier gibt es alles, was man zu den Strassen in Island wissen muss. Auch Dinge, die man nicht wissen muss. zB alle Verkehrsdichten auf allen Strassen Islands und die mittlere dort gefahrene Geschwindigkeit, oder Karten mit der Befahrbarkeit der Strassen und dem Stand der Asphaltierung. Wir haben uns weitgehend auf Hauptstrassen fortbewegt. Die waren durchgängig in ausgezeichnetem Zustand. Gewöhnungsbedürftig, sind auf den Hauptstrassen
* die tiefen Rinnen wegen den Spikes
* der über weite Strecken sehr raue Belag
* streckenweise nur einspurig asphaltierte Hauptstrassen (zB 61 Djupvegur)
* einspurige Brücken
Mit gesundem Menschenverstand alles kein Thema. Generell ist zu sagen, dass man die Warnhinweise immer ernst nehmen sollte. Wie die meisten Islandbesucher zuvor empfand ich es auch so, dass Isländer (wohl auch wegen der geringen Verkehrsdichte) mit Warnungen und Schildern sparsam sind. Sie stehen da, wo sie nötig sind. Wo nicht, da nicht. Mit Baustellen hatten wir Glück. Nur zwei ganz kurze auf dem nördlichen Hringvegur. Kann aber Zufall sein.

Über Schotterstraßen und das Fahren auf denjenigen gibt es unzählige Hinweise. Bei http://www.safetravel.is reinschauen ist ein guter Anfang. Wir haben folgende Strassen befahren und Erfahrungen gemacht:

Nr 60 von Brjanslaekur nach Isafjördur: sehr durchwachsen. Viele Schlaglöcher, ab undzu Wellblech, an den Brückenköpfen sind in den Fahrspuren tiefe Löcher. Wer Mut hat, fährt „asymmetrisch“. Wegen der geringen Breite treibt das den Puls in die Höhe.

Nr 68 von Holmavik nach Westen: Im wesentlichen ganz ok. Die Fahrt über Ennishals erfordert Konzentration. Wegen der geringen Verkehrsdichte aber alles unproblematisch.

Nr 57 von Myvatn nach Husavik: Die beste Schotterpiste. Sehr gut. 80 km/h ist drin.

Nr 58 von Torshöfn nach Vopnafjördur: OK. Ab und an leichtes Wellblech. Da viel Verkehr ist, gibt es den einen oder anderen Steintreffer.

Nr 574 nördlich von Raufarhöfn: Furchtbar. Spaßbringend für 4x4 Freunde. Nicht für unseren Bus mit den selbst gebauten Schränken.

Insgesamt kommt man schnell und gut voran. Schneller als auf mitteleurpäischen Landstrassen (kein Verkehr, keine Ortsdurchfahrten), aber natürlich deutlich langsamer als auf der Autobahn. Ich habe beim Routenplanen mit 72 km/h Durchschnitt gerechnet und bin damit gut gefahren.

Wir haben uns den Iceland Road Atlas (icelandroadguide.com) in Deutschland gekauft. Fand ich perfekt zur Vorbereitung und auch zum Verfolgen der Fahrt in Island. Für die Übersicht hat uns die ADAC Strassenkarte genögt.

Tankstellen gibt es in Hülle und Fülle. Insgesamt vier Mal getankt. Immer bei Orkan. Immer am Automat. Null Problemo.

Wetterbericht (http://www.vedur.is) ist natürlich Pflicht zu kennen. Wind kann sehr unangenehm sein. Wer keinen Internetzugang hat, der findet auf allen (oder fast allen) Campingplätzen einen Aushang.

Campingplätze/Stellplätze

Für den mitteleuropäischen Geschmack gewöhnungsbedürftig. In der Regel viel Platz. Vorreservierungen sind nicht notwendig, allerdings wird die Auswahl an Plätzen am späten Nachmittag immer kleiner. Scheinbar sind auch die Isländer gerne tags unterwegs um dann noch vor dem Abendessen einen Platz anzusteuern. Nicht überraschend. Kann man sich drauf einstellen. Oder eben auch nicht. Generell sind alle Plätze überragend sauber und ordentlich. Vor allem wenn man die Zahl der Gäste mit den vorhandenen sanitären Plätzen vergleicht. Da wäre in Mitteleuropa binnen Minuten alles unappetitlich. Nicht so auf Island. Einen Wehrmutstropfen gibt es. Duschen sind entweder Mangelware oder schlicht nicht vorhanden. Macht nix. Das nächste Schwimmbad mit HotPot ist sicher um die Ecke. Immer eine gute Alternative.

Wir haben auch einige Nächte abseits der Campingplätze verbracht. Die Wahl der Plätze war trotz der geringen Bevölkerungsdichte deutlich schwieriger als in anderen Ländern, denn es gibt in Island wenig geschützte Plätze. Wir haben bis zu 30 Minuten gesucht, bis wir einen geeigneten (und legalen) Platz gefunden hatten. Da ist es dann überlegenswert, am nächsten Campingplatz anzuhalten. So teuer sind die Plätze in Island nicht.

Internet

Wir haben zunächst überlegt, einen Stick zu kaufen, angesichts der Kosten eines deutschen Sticks und weil wir nicht einen Teil des Aufenthalts in Logistik verwenden wollten dagegen entschieden. Alternative ist aus der Erfahrung heraus entweder der Campingplatz selbst oder die lokale Bücherei oder ein InternetCafe. Wir haben immer eines gefunden. Gehörte regelmässig zu den besseren Erlebnissen an den Orten, wo wir waren. Authentisch, schnelles Netz, liebe Leute, guter Kaffee, prima Atmosphäre.

Norröna

Wer mit dem Auto nach Island will, hat nicht so viele Alternativen, oder? Warum also viele Worte machen? Ist auch nicht nötig. Norröna ist fast 10 Jahre alt und ihrem Alter gemäß in gutem Zustand. Zumindest ist dies unsere laienhafte Meinung. Die drei Kabinen, die wir hatten, waren alle sauber und ordentlich. Wir waren zufrieden. Einziges Manko für uns: Das Sportstudio könnte abends offen haben. Ist ein bisschen schade, dass die Zeiten so knapp bemessen sind.

Verpflegung

Die Discounter netto, kronan, und bonus sind praktisch an jeder Ecke zu finden und bieten alles, was der Reisende benötigt zu erschwinglichen Preisen. Netto hat ein größeres Sortiment als die anderen beiden, aber die Auswahl und die Preise sind bei allen sehr vergleichbar. Nach einer Weile ist es schade, dass es bei allen Supermärkten die gleiche Sorte Weichkäse und Gouda gibt. Spezialitäten sind rar oder findet man gar nicht. Erklärt sich für meine Begriffe in den kleinen Einzugsgebieten der jeweiligen Märkte, wo 3000 Seelen schon ein großer Ort sind. Ist für einen Urlaub kein Problem. Der tägliche Besuch eines oder mehrerer Supermärkte war Teil des Islanderlebnisses – wie im Grunde auch in jedem anderen Land. So entdeckt man so leckere Dinge wie Kanilsnuder.

Wenn wir gewusst hätten, daß
1. der Einfuhrzoll für Lebensmittel so niedrig ist, und
2. die Auswahl an verschiedenen Lebensmitteln eher eingeschränkt ist,

hätten wir noch mehr Dinge aus Deutschland mitgebracht.

Spezielles

Lose Reihenfolge. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
* die modernen Kirchen sind auf Island genauso sehenswert wie die vielen kleinen Grassodenkirchen. Die Größe in Beziehung zur Seelenzahl der Gemeinde beeindruckend. Blönduos, Stykkisholmur. Schade, dass Isafjördur trotz dreier Versuche geschlossen war. Sah von aussen auch einzigartig aus.

* Wetter. Es ist schon erstaunlich, wie warm 10°C sein können. Wenn Wind geht, sind allerdings auch 18°C rattig kalt. Mütze nicht vergessen.

* Es wird nicht dunkel. Kann man sich dran gewöhnen. Wir fanden es gut.

* Der Norden ist einsamer und gefühlt authentischer. Raufarhöfn.

* Spaziergang am Strand entlang des Treibholzes und Strandgutes. Faszinierend. Da praktisch alle nach Norden gerichtete Küsten damit übersäät sind, kann man jeden Abschnitt wählen.

* Die vielen kleinen Schwimmbäder. Warm, gepflegt und gastlich. In Isafjördur in der Sundhölle steht auch eine Kanne Kaffee am Tisch. Der Bademeister passt persönlich auf die Wertsachen auf. Einzigartig.

*Uferpromenade in Reykjavik. Erstaunlich, wie anders die Stadt von der See aussieht.
* Anflug der Flugzeuge
- auf den innerstädtischen Flughafen in Reykjavik – auf der Fussgängerbrücke auf der Hringbraut kann man dem Piloten die Hand geben
- Anflug und Abflug in Isafjördur durch den Fjord zwischen 700 Meter hohen Felswänden

sigma
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Re: Islandtour 2012

Beitrag von Sigrid » Sa 11. Aug 2012, 21:08

Sehr schöne Zusammenfassung.
Das mit dem Fussi kann ich sehr gut nachvollziehen. :mrgreen: Man braucht ja schließlich einen roten Faden.
The sky maybe falling down, but the stars look good on you ... himininn er að hrynja, en stjörnurnar fara þér vel

Ein paar meiner Bilder gibt´s da -->Flickr
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elly-viola
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Re: Islandtour 2012

Beitrag von elly-viola » Sa 11. Aug 2012, 21:43

Danke für den Bericht und manch interessantes Detail wie die Straßenbeschreibungen und die Sache mit den Einfuhrzöllen. Letzeres werde ich auf jeden Fall beherzigen, sollte ich mal mit dem Auto hinfahren.
Dass Ihr auch viel zu Fuß unterwegs wart, hat die Reise sicher noch intensiver gemacht. Die Gegend von Raufarhöfn werde ich mir mal ansehen.
LG, elly-viola
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