gekühltes Bier erhöht Gewalt?

Island ist mehr als nur ein Reiseland. In diesem Forum werden gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Themen diskutiert. Eben alles, was nicht unbedingt mit Tourismus und Reise zu tun hat.
MartinB
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gekühltes Bier erhöht Gewalt?

Beitrag von MartinB » Mi 22. Aug 2007, 15:24

Eins zur Klarstellung vorweg: Ich habe kein Interesse isländische Politiker oder Entscheidungen mit Häme oder so zu überziehen - da können wir uns reichlich an die eigene Nase fassen! Ich würde im konkreten Fall nur gern das Denkmuster oder so verstehen. Oder sind meine Englischkenntnisse einfach nur zu schlecht?

In der Iceland Review Online habe ich heute einen Artikel gelesen, dessen eine Kernaussage zu sein scheint: Der Bürgermeister von Rv ist der Meinung, dass der Verkauf von gekühltem Bier in der Innenstadt die Gewalt erhöht und hat daher die entsprechende Kühlung untersagt?

Der Artikel ist unter folgendem Link zu finden:
http://www.icelandreview.com/icelandrev ... _id=287619

Kann mir jemand das vielleicht ein wenig näher bringen?
Martin
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Gernot
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Beitrag von Gernot » Mi 22. Aug 2007, 18:23

Also, ich verstehe das so:

Anscheinend kommt es bei nächtlichen Streifzügen von Partygängern immer öfter zu Auseinandersetzungen mit den Leuten und der Polizei. Der Bürgermeister macht dafür den Alkoholkonsum verantwortlich. Da er aber dem Geschäft, das das Bier verkauft, nicht generell ein Verkaufsverbot aussprechen will, untersagt er "nur" den Verkauf von gekühltem Bier. Warmes Bier trinkt nämlich keiner gerne. Das hätte den Effekt, dass die Partygänger das Bier nicht mehr kaufen (da sie ja beabsichtigen es sofort zu konsumieren). Der Laden kann aber trotzdem Bier verkaufen (und wird evtl. nicht so stark gebeutelt wie bei einem generellen Verbot), nur sein Klientel wird sich ändern. Es kaufen nur noch Leute, die zu z.B. Hause Bier trinken (weil Kühlschrank vorhanden). Die Laufkundschaft (vorwiegend Nachtschwärmer) bleibt aus.
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snaefell
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Beitrag von snaefell » Do 23. Aug 2007, 22:31

Gernot hat geschrieben: Anscheinend kommt es bei nächtlichen Streifzügen von Partygängern immer öfter zu Auseinandersetzungen mit den Leuten und der Polizei. Der Bürgermeister macht dafür den Alkoholkonsum verantwortlich.
Soweit ist das richtig. Es gibt auch Vorwürfe in Richtung der Polizei, nicht genug Präsenz zu zeigen und maximal im Streifenwagen zu sitzen.
Gernot hat geschrieben: Da er aber dem Geschäft, das das Bier verkauft, nicht generell ein Verkaufsverbot aussprechen will, untersagt er "nur" den Verkauf von gekühltem Bier. Warmes Bier trinkt nämlich keiner gerne. Das hätte den
Wenn ich mich nicht sehr irre, kann er das gar nicht verbieten.
Gernot hat geschrieben: generellen Verbot), nur sein Klientel wird sich ändern. Es kaufen nur noch Leute, die zu z.B. Hause Bier trinken (weil Kühlschrank vorhanden). Die Laufkundschaft (vorwiegend Nachtschwärmer) bleibt aus.
Da es sich hier um den staatlichen Alkolladen in der Bankastraeti handelt, hat der nachts ohnehin nicht mehr auf (ich meine das die Öffnungszeiten von 10-18h gehen). Das ganze geht also ohnehin etwas am Thema vorbei, nachts gibts da nichts zu kaufen.
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Gernot
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Beitrag von Gernot » Do 23. Aug 2007, 23:44

Dann ist es wirklich fragwürdig, was mit der Maßnahme bezweckt werden soll... :shock: :?:
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Beitrag von Dorte » Fr 24. Aug 2007, 10:59

Vielleicht ein Fall von isländischem sommerlichen Aktionismus, weil sonst politisch nicht viel los ist? :lol:
WERner

Beitrag von WERner » Fr 24. Aug 2007, 21:45

Hallo ihr da oben :lol:

Habt ihr die Zeitungsartikel auch gelesen? :wink:
Im Alkoholladen in der Innenstadt musste der Kühlschrank entfernt werden und ihm wurde verboten einzelne Dosen/Getränkeeinheiten (z.B. Bacardi-Breezer und so...) zu verkaufen, da die gekühlten Getränke zu erheblichem Alkoholgenuss in der Öffentlichkeit geführt hatte. Das kann ich selbst bestätigen, kurz nach Öffnung sind im Umkreis die Parkbänke belagert mit "Trinkern"....
Im zweiten Artikel wird zur Zusammenarbeit der Barbesitzer mit der Polizei aufgefordert, da sich das Nachtleben in Reykjavik nicht zum Besten entwickelt hat, kann ich auch so bestätigen, Körperverletzungen und Waffengebrauch wie Messer und Flaschen sind inzwischen NORMAL am Wochenende, leider.
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Beitrag von Gernot » Sa 25. Aug 2007, 00:53

WERner schrieb:
..., da die gekühlten Getränke zu erheblichem Alkoholgenuss in der Öffentlichkeit geführt hatte. Das kann ich selbst bestätigen, kurz nach Öffnung sind im Umkreis die Parkbänke belagert mit "Trinkern"....
Das ist ja in etwa, was ich meinte. Hatte nur angenommen, dass der Laden auch spät abends noch offen hat.
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Beitrag von MartinB » Mo 27. Aug 2007, 11:13

Die Diskussion scheint auch in Island weiter zu gehen. Folgenden Artikel zum Thema fand ich in der Iceland Review Online
http://www.icelandreview.com/icelandrev ... _id=287955

Auch wenn die Frage in diesem Thread ein wenig Off-Topic ist: Eines der benannten Probleme sind die "homeless person", das würde ich doch mit "Obdachlose" übersetzen. Was mich wundert ist, dass Island ein Obdachlosenproblem zu haben scheint. Nicht weil ich denke, dass es dort eine heile Welt / Gesellschaft ist, aber wie überleben diese Menschen die 6-9 Monate pro Jahr, in denen es nicht Sommer ist?
Gibt es für diese Menschen staatliche, kirchliche (vergleichbar mit der Diakonie oder der Caritas in D) oder private Organisationen (mir fällt zu dem Thema immer die Heilsarmee ein), nur nachts geöffnete beheizte Schlafräume, ...???
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lena
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Beitrag von lena » Mo 27. Aug 2007, 19:43

Fragt sich was ein "Obdachlosenproblem" ist. Leider gibt es auch in Island Obdachlose, gerade in den Städten - wie fast überall in der Welt.
Es gibt ein Haus, das von Samhjálp unterhalten wird und vom Roten Kreuz Islands z.B. speziell für Frauen das "Konukot". Wer Isländisch spricht, findet auf der Seite des RKÍ mehr, denn zum Thema Obdachlosenhilfe schien es im März wohl eine gemeinsame Konferenz von RKÍ, Kirche, der Stadt und Samhjálp gegeben zu haben.
WERner

Beitrag von WERner » Di 28. Aug 2007, 20:28

Einen Grund für das "aus dem Ruder gelaufene" Nachtleben sehe ich darin, das Island überschüttet wird mit "billigem weissem Pulver", Drogen auf Amfetamin-Basis. Es besteht da eine erschreckend hohe Akzeptanz für Amfetamine, den jüngeren ist Cannabis "zu soft".
Weisses Pulver in die Nase, dann jede Menge Alko-Pops drauf und das Gehirn klinkt aus.
In früheren Jahren war die Psychiatrie "gut besucht" von Jugendlichen mit Alkoholproblemen, heutzutage sind es Jugendliche mit "Drogen-Problemen".
In Höfn, 1.800 Einwohner, brauch das Vikin, die grössere Dorfkneipe am Wochenende drei Türsteher, um alles unter Kontrolle zu halten. Als ich vor sieben Jahren hierher kam, war sowas nur nötig an grösseren Festen wie Sylvester, Hummerfest oder bei Live-Musik-Veranstaltungen für "Jugendliche". Ein Schulfest hier im Ort endete in einem Fiasko, alles demoliert, auch in der näheren Umgebung. Der Redakteur unsrer Ortszeitung fand im Internet einen Blog mit Fotos von "Kindern" aus dem Ort, 14 bis 17 Jahre alt und total besoffen in der Garage der Eltern. Ich kenne die Fotos, das war nicht gespielt, die waren echt.
Ich könnte da noch mehr berichten, aber ich denke, das reicht erst mal...

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