Sjálfstætt fólk Topographie

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Jeroen
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Sjálfstætt fólk Topographie

Beitrag von Jeroen » Mi 4. Feb 2009, 21:53

Ich bin momentan dabei, das Buch "Unabhängige Menschen" von Halldór Laxness zu lesen (auch übersetzt als "Sein eigener Herr", Originaltitel "Sjálfstætt fólk").
Es scheint mir zu, die Topographie ist fiktiv. Oder doch nicht? Ist da irgendwas bekannt, von welchen Bauernhöfen Laxness sich inspiriren lassen hat?
Ich lese das Buch in der Niederländischen Übersetzung ("Onafhankelijke mensen"). Hier heißt ein wichtiger Hof "Roodmoeras", also etwas wie "Roter Sumpf". Weißt einer wie das in die Originalausgabe läutet? Meine Vermutung wäre "Rauðmýri", aber ist das richtig?
Also Olaf, du hast zumindestens die erste 10 Seiten auf Isländischem gelesen :wink: , weißt du vielleicht bescheid?
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Dieter
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Beitrag von Dieter » Mi 4. Feb 2009, 22:24

Hallo Jeroen,

in dem Insel Taschenbuch "Island - Ein Reisebegleiter" befasst sich Arthúr Bollason mit der literarischen Topographie Islands. Auf Seite 83 - 89 zeigt Bollason auf, daß sich in einem 1928 von Laxness geschriebenenen Artikel über seine Erlebnisse während eines Besuches auf dem Hof Sænautasel "... der Kern zu Laxness' späteren Roman Sein eigener Herr, der einige Jahre nach dem Besuch in der Heide erschien" liegt.

Der Hof Sænautasel wurde übrigens renoviert und ist jetzt ein kleines, besuchenswertes Heimatmuseum unweit der Ringstraße im nordöstlichen Hochland.

Wenn Du schon dabei bist Sein eigener Herr zu lesen, dann empfehle ich Dir hinterher unbedingt auch das Buch Vom zweifelhaften Vergnügen, tot zu sein von Halgrímur Helgason zu lesen.
Viel Spaß,

Dieter
Zuletzt geändert von Dieter am Do 5. Feb 2009, 07:33, insgesamt 1-mal geändert.
http://www.isafold.de
Wanderungen über das Hochland Islands
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Jeroen
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Beitrag von Jeroen » Mi 4. Feb 2009, 23:19

Ach so, Sænautasel! Danke Dieter!
Ich hatte schon in irgendeinem Reisebericht gelesen, das einer sich bei Laxness' Buch die Möðrudalsfjallgarðar, und insbesondere Sænautasel vorgestellt hat. Ich wußte aber nicht, es sei umgekehrt!
Ich weiß schon, Sænautasel ist jetzt ein Heimatmuseum, und ich hatte es auch in meinem Radtour eingeplant. Aber vor Ort, war es gerade der schrecklichste Regentag vom (der übrigens so sonnigen) Sommer 2008. Da waren die 6km die Sænautasel abseits Str.901 liegt schon zu viele, und haben wir uns direkt nach Möðrudalur geeilt. Schade, die in diesem Forum so gerühmten Pfannkuchen hätten wir gerade in dem Moment sehr schätzen können!
Ehhm, zurück zur Literatur-topic: Dank auch für das zweifelhaften Vergnügen-Tipp - es wird aber schon noch 'nen weilchen dauern befor ich den unabhängigen Menschen zu Ende gelesen habe...
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Olaf
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Beitrag von Olaf » Do 5. Feb 2009, 00:18

Ah, das ist mal eine interessante Frage!

Also ganz am Anfang auf den ersten Seiten werden ja einige konkrete Namen genannt, das ganze geschichtlich untermauert und so, aber die Namen Útirauðsmýri und Albogastaðir findet man eigentlich nur in Zusammenhang mit dem Buch. Reykjadalur und Bláfjöll gibts ja nun ein paar mehr in Island. Später im Buch tauchen, wenn ich mich recht erinere, noch die größeren Siedlungen Fjörður und Vík auf. Vík kenn ich in Island eigentlich nur eines, und Fjörður gar keines. Die konkreten Namen sind also wohl eindeutig fiktiv.

Etwas abstrakter passt die Geographie aber auch nicht so ganz irgendwohin. Insbesondere konnte ich die beiden Städte Vík und Fjörður nicht so richtig zuordnen, wenn man Sænautasel als zentralen Handlungsort sieht. Ich denk, da hat Laxness nicht nur ein paar real existierende Namen anonymisiert, sondern schon etwas freier was dazuerfunden und weggedacht...

Dass die Geschichte von einem Besuch in Sænautasel inspiriert ist, ist aber wohl belegt, und steht unter anderem auch hier, mitsamt einer Karte der gewälten Reiseroute von Laxness. Demnach hat er da auf Sænautasel den Bauern Guðmundur Guðmundsson kennengelernt, der wohl das real-existierende Vorbild für Bjartur ist. Um dessen Stolz nicht zu verletzen, hat Halldor Laxness die wahre Identität aber nicht bekannt gegeben. (so stehts da auf isländisch)
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Jeroen
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Beitrag von Jeroen » So 8. Feb 2009, 18:42

Danke Olaf für deine Recherchen!
Mit dem Treffwort "Útirauðsmýri" ergibt sich in Google eine weitere Fülle von Weblinks.
Übrigens wird das Thema des Buches umso aktueller, nun von einer EU-Beitretung Islands gesprochen wird. Wenn man das Verhalten der Isländern zum Thema "Unabhängigheit" deuten woll, ist dieses Buch wahrscheinlich unerlässlich...
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Beitrag von Olaf » So 8. Feb 2009, 22:18

Jeroen hat geschrieben:Mit dem Treffwort "Útirauðsmýri" ergibt sich in Google eine weitere Fülle von Weblinks.
Ja, aber alle diese Weblinks haben einen mehr oder weniger eindeutigen Bezug zum Buch. Es tauchen da z.B. immer wieder die typischen anderen Namen aus dem Buch auf: "Ingólf Arnarson Jónsson", "Sumarhús", "Ásta Sóllilja", ... . Ich hab nicht jede einzelne Seite durchgesucht, aber die Tendenz ist eindeutig.

Man muss vielleicht dazu sagen, dass das Buch "Sjálfstætt fólk" zum typischen Schulstoff im Isländisch-Unterricht gehört, so wie Goethes Faust bei uns von jeder Schülergeneration aufs Neue durchgekaut werden muss. Die allermeisten Weblinks sind nun irgendwelche Referate oder Ausarbeitungen... die Schüler von heute schreiben halt im Internet ab, statt wie damals noch aus dem Heft des Banknachbarn.
Übrigens wird das Thema des Buches umso aktueller, nun von einer EU-Beitretung Islands gesprochen wird. Wenn man das Verhalten der Isländern zum Thema "Unabhängigheit" deuten woll, ist dieses Buch wahrscheinlich unerlässlich...
...daran musste ich auch denken, als du mich plötzlich wieder an das Buch erinnert hast. Es passt wirklich wie die Faust aufs Auge zur aktuellen Situation in Island! :)
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Re:

Beitrag von Jeroen » Do 21. Mai 2009, 19:52

Dieter hat geschrieben:Wenn Du schon dabei bist Sein eigener Herr zu lesen, dann empfehle ich Dir hinterher unbedingt auch das Buch Vom zweifelhaften Vergnügen, tot zu sein von Halgrímur Helgason zu lesen.
Es war mir nicht sofort klar, weshalb ein Buch von einem Autor der namentlich bekannt ist wegen ein Buch über Reykjavikischen Yups so eine gute Fortsetzung zu Sein eigener Herr wäre. Aber natürlich hat Dieter das Buch nicht nur so empfohlen, und allmählich habe ich erfahren Vom zweifelhaften Vergnügen sei ein Schlüsselroman in dem Laxnes sich nach seinem Versterben zurückfindet in der Welt von Sein eigener Herr.

Also habe ich jetzt auch Vom zweifelhaften Vergnügen erhalten, und beim lesen der ersten Seiten wird es klar das man die viele Anspielunge auf Laxnes' Buch erst versteht wen man Sein eigener Herr auch gelesen hat.

Zum Inhalt von Vom zweifelhaften Vergnügen kann ich noch nichts sagen weil ich das Lesen erst gerade anfange. Beim Sehen der Einband staunte mir aber sofort: das Haus habe ich auf meiner Islandreise gesehen! Der Band zeigt ein schönes, hell gelb gestrichenes Haus. Gerade wegen seiner Farbe fällt es im Landschaft sehr auf, und deswegen habe ich es auch fotografiert. Es befindet sich bei Máná, auf dem Tjörnes Halbinsel. Man kommt daran vorbei wenn man von Husavik nach Ásbyrgi fährt.

Bis auf dem kleinen Fenster unterm Dachfirst stimmt es (siehe Bild). Es könnte natürlich sein, dies ist ein Standardmodell Haus von dem es auf Island viele gibt. Bis einer das Gegenteil zeigt, nehme ich aber an ich habe das Originell gesehen!
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Re: Sjálfstætt fólk Topographie

Beitrag von Gudrid » Mo 28. Feb 2011, 22:05

Hallo,

ich bin auch gerade bei diesem tollen Buch. Mich würde interessieren, in welcher Zeit es spielt.
Einerseits mutet die Lebensweise am Hof wie im tiefsten Mittelalter an, andrerseits kommen Primus-Kocher und Telefonmasten vor, also 20. Jahrhundert? Weiß jemand näheres?

Außerdem möchte ich den Roman von Dagmar Trodler "Der letzte lange Sommer" empfehlen, wunderschönes Buch, macht Lust auf Island.

Liebe Grüße
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Olaf
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Re: Sjálfstætt fólk Topographie

Beitrag von Olaf » Di 1. Mär 2011, 01:04

Wenn ich mich recht erinnere wird im Buch doch die wirtschaftliche Situation benannt und so etwas wie "in den Kriegsjahren wollten plötzlich wieder alle isländische Schafe/Schafswolle"... davon profitieren die Bauern und deswegen gibt es plötzlich die Idee mit den Steinhäusern... hmm... oder verwechsle ich das gerade? Ich hatte jedenfalls ziemlich eindeutig in Erinnerung, dass es rund um den ersten Weltkrieg angesiedelt ist, und dass das im weiteren Verlauf der Geschichte auch klar wird. Hoffentlich habe ich dir jetzt nichts vorweggenommen und du bist noch bei den ersten paar Kapiteln oder so.

Laut Wikipedia ist das Buch 1934 und 1935 in zwei Teilen erschienen, was gut passen würde!
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Gudrid
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Re: Sjálfstætt fólk Topographie

Beitrag von Gudrid » Di 1. Mär 2011, 06:29

Dank dir Olaf, aber Kriege gab´s ja viele, auch im 19. Jahrhundert.
Es wäre interessant, zu wissen, ab wann gab es Primus-Kocher und Telefonmasten?

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