Video: April 2010 Iceland IMPASSABLE

Erfahrungsaustausch mal ausführlich.
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Andi Schönberger
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Video: April 2010 Iceland IMPASSABLE

Beitrag von Andi Schönberger » Sa 8. Mai 2010, 17:05

Hallo an Alle!
Iceland_2010_Intro_1.JPG
Das Video auf Viemo -> (30 min)

April 2010 Iceland IMPASSABLE

Da plant man eine Skitour, da kommen Erdbeben, dann plant man alternative Sktiouren, da kommen Feuerspalten und dann kommt’s noch einmal ganz anders. Da befindet man sich plötzlich Auge in Auge mit einem Vulkan. Hautnah erlebt man die Naturgewalten und realisiert wieder einmal wie klein und hilflos der Mensch solchen Ereignissen gegenübersteht. Faszinierend und erschreckend gleichermaßen.

Ein cooles Gefühl seit langem wieder einmal mit einem Auto über die Insel zu cruisen. RUV 2 angedreht, Mikel Jackson dröhnt aus dem Äther. Alles noch beim Alten geblieben denk ich mir. Ziel ist der Osten wo ich am nächsten Tag mit Bjarni endlich zu meiner Snowkite Gletschertour aufbreche. Nach 2 Monaten penibler Vorbereitung und intensivem Training wird es nun endlich Zeit für den Start und sehne mich schon nach dem „Großen kalten Weiß“ das sich in allen Richtungen bis zum Horizont erstrecken wird. 180 km Gletscher liegen vor mir und 12 Tage auf diesem „Wettermonster“ sind eine lange Zeit. Ein ehrgeiziges Ziel habe ich mir gesteckt, viel zu ehrgeizig wie sich herausstellen wird.

Stau in Island? Ja gibt’s aber in diesem Fall nicht auf der Autobahn sondern auf dem Track Richtung und über den Myrdalsjökull. Alle wollen die neuen Feuerspalten sehen. Vor 4 Tagen hat sich die Erde ein zweites Mal aufgetan um ein Feuerinferno zu schaffen das jedes AC/DC Bühnenbild verblassen lässt. Island rockt in diesen Tagen und das nicht schlecht. Der Jeep steht schon bereit und auf geht’s mit den 49“ Reifen und dem Gefährt dessen Nummerntafeln in Augenhöhe montiert sind. Jetzt ist für den Vollblutisländer Schluss mit den ewigen Runden am Laugarvegur in Reykjavik, jetzt geht’s mit Rockmusik im Radio einer Blondine mit russischem Akzent am Beifahrersitz die sich um die Bezahlung kümmert rauf auf den Mydalsjökull zum Konzert der Lavafontainen und Polarlichter.

Bjarni wartet am nächsten Tag schon mit einem Lächeln im Gesicht auf mich. Dieser Touri möchte doch glatt bei dem in 2 Tagen mies angesagten Wetter auf dem Gletscher rumspazieren. 26 m/s Wind und Schneefall sind vorhergesagt. An der Küste, wie wird es da oben wohl werden frage ich mich, langsam den Tatsachen ins Auge blickend. Er rät mir so schnell wie möglich Richtung Westen zu gehen und in den nächsten beiden Tagen viel Strecke zu machen um nicht im Schnee zu versinken. Ich mach mich bei schönstem Wetter auf den Weg. Mein Zeitplan ist straff. 3 Tage Reserve am Vatnajökull, im Nachhinein gesehen, sind zu wenig um sein Ziel zu erreichen. In der 2ten Nacht braust der erwartete Sturm los. Die Schneewände zum Schutz des Zeltes werden immer höher gebaut. Bei -24 C im Zelt und diesen unglaublichen Windgeschwindigkeiten hier oben sinkt der Windchill auf unter die -45 C Marke. Da heißt es vorsichtig sein um sich nichts abzufrieren. Am nächsten Morgen ist an ein Weiterkommen nicht zu denken. Die Sicht ist gleich 0 der Wind eher noch stärker geworden. Allerdings noch nicht die Spitze des Eisbergs, die sollte dann am Abend kommen. Ein Geräusch das sich schwer beschreiben lässt fegt ungehindert über den Gletscher hinweg. Es hinterlässt das Gefühl dass es hier oben für mieses Wetter wohl keinerlei Grenzen gibt. Nach 36 Stunden Sturm klart das Wetter am nächsten Tag plötzlich auf. Der Wind flaut ab und dreht zu meinem entsetzen zu früh genau in die falsche Richtung um entweder zum Kverkjöll oder zu den Grimsvötn zu kommen. Es war meine Hoffnung in diesen Stunden eine größere Wegstrecke nach NW zurücklegen zu können stattdessen droht der nächste Sturm von SW in den nächsten 1-2 Tagen. 5 Stunden lange versuche ich mit der 45 kg schweren Pulka über die windgepeitschte ruppige Oberfläche des Vatnajökulls in meine Richtung zu kiten. Ich kreuze und kreuze gegen den Wind auf und muss feststellen dass ich zwischen Esjufjöll und Flajökull hin und her fahre aber keine großartigen Fortschritte mache das mich meinem Ziel näher bringen würde. Gleich 2 Tage zu beginn einer Tour zu verlieren ist schlecht denke ich mir. Die Windrichtung in den nächsten Tagen ist schlecht denke ich mir. Gleich nochmals einen Tag im Zelt zu verbringen und noch einen zusätzlichen Tag zu verlieren…. Die Natur lässt sich eben nicht drein reden, ich hab aber meine festen Termine und muss pünktlich wieder zu Hause sein. Die Entscheidung fällt schwer an diesem Punkt abzubrechen, aber es geht sich einfach diesmal nicht aus und es gibt ja auch ein nächstes Mal. Wie flott kann es gehen wenn man in die andere Richtung möchte hab ich mir gedacht als ich die ca. 35 km wieder zurück zur Jöklasel Hütte in 2 Stunden zurück legte um dort mit dem Zelt etwas Schutz vor dem bereits aus SW heranbrausenden nächsten Sturmtief zu finden.

Alternative wird zum Wort 2010 gekürt. Aber langsam gibt es keine mehr, wie es auch langsam keinen Schnee mehr zu finden gibt. In den Ostfjodern wurde ich dann ein bisschen fündig und machte noch einen kurzen Abstecher ins abgelegene Norduraladur um die Ski wieder auszupacken. Eine bemerkenswert schöne Gegend. Hier grüßt man sich noch wenn man sich auf der Strasse begegnet, allerdings sind hier im Seitental auch fundierte Sprachkenntnisse gefragt möchte man zur Abwechslung mal etwas plaudern

Der Versuch zur Askja vorzudringen wird unternommen und zum Ausgangspunkt nach Eriksstadir angereist. Sieht ganz gut aus denke ich mir. Immerhin 5 cm Schnee liegen gleichmäßig verteilt über der gesamten Landschaft. In der Nacht fängt es zu regnen und zu tauen an. Am nächsten Morgen steige ich, die Minustemperaturen am Vatna noch gewöhnt, komplett verschwitzt bei zarten Plusgraden aus dem Schlafsack und traue meinen Augen nicht. Der gesamte Schnee ist weg, die Landschaft grün geworden und das Wasser das im bereits gesättigten Boden nicht versickern kann fließt den Hang hinab. Das Zelt das am Abend noch auf 10 cm Schnee aufgebaut wurde steht nun im herabfliessenden Wasser.

Die Frühjahrsschmelze hat ihre eigenen Gegebenheiten. Der Schnee wird in unvorstellbar schnellem Ausmaß durch den stürmischen warmen Südwind dahingerafft. Die Landschaft versinkt im Schneesumpf. Die Skispuren des Vortags sind am nächsten Tag bereits mit 15 cm hohem Wasser bedeckt und gehen mitten durch ein 50m langes Hellblau das sich während der letzten 24 Stunden gesammelt hat. Schneemauern werden von 1,5m innerhalb 8 Stunden auf 20cm zusammengeschmolzen und bieten dem Zelt schon während der Nacht nur wenig Schutz vor Wind. Der Boden ist gefroren, Zeltheringe sind fast unmöglich in den Boden zu bekommen. Und vor jeder F Piste steht dieses in gelb gehaltene Schild IMPASSABLE. An diesem Schild vorbei geht es dann mit Ski und Pulka zum Dettifoss

Dieses Schild sollte aber in den nächsten Tagen auch auf der Hauptverkehrsverbindung im Süden zu finden sein. 4 Tage vor Abflug hab ich mich noch mal auf den Weg gemacht um nach den Feuerspalten zu sehen noch nichts ahnend was da kommen wird.
Nicht ahnend das ich in 2 Tagen einem Rauchmonster aus 500 Hm in den Rachen schauen werde das in ganz Europa den Flugverkehr für 6 Tage lahm legen wird. Nicht ahnend dass ich diesem Vulkan gegenüber stehen werde, Auge in Auge.

Doch bisher konnte man wegen der starken Bewölkung diesen Vulkan in seiner Gesamtheit nicht ausmachen. Die Flugzeuge sahen eine große Rauchwolke aus der Wolkendecke emporsteigen, von unten konnte man nichts erkennen. Freitag am Abend war es dann soweit, der Himmel klarte auf.
Meine Ehrfurcht war Ihm gewiss denn so etwas Riesiges hatte ich bisher noch nicht gesehen!

Samstag um 7:30 ging es dann mit dem Helikopter zum Krater. Zwei Polizisten und ein schwedisches Filmteam waren mit an Bord. Die haben dem Piloten noch die letzten Anweisungen gegeben wie er am besten fliegen sollte um zu den besten Aufnahmen zu kommen. Das hat er dann auch für uns gemacht :)

Sonntag am Morgen sollte es über Kopenhagen zurück nach München gehen. Flug gestrichen, das war zu erwarten. Die nächste Flugmöglichkeit am Donnerstag darauf allerdings nicht. Die Unsicherheit am Donnerstag wirklich fliegen zu können war schon von Anfang an da. Warum sollte sich dieses Aschemonster auch beruhigen. Also ein Auto gemietet und nach Egilstadir gefahren um mit dem Schiff sicher ans Festland zu kommen. Die Tickets waren am Wochenende bereits rar. Gerade zur Unzeit setzt wieder dieses Islandwetter alles auf eine Karte. Wind und Schnee versperren mir die Sicht die Strasse ist komplett vereist und diese Blechbüchse von Auto hat auch keine Spikes auf den Reifen.

Plötzlich sitzt Anja bei mir im Auto, sie will ebenfalls am Mittwoch mit dem Schiff zurückfahren. Bei dem Wetter autostoppend am Straßenrand stehend, da musste ich sie einfach mitnehmen. Zur Belohnung wurde ich mit Katle bekannt gemacht. Katle hat sich als besonderer Freund in dieser Zeit erwiesen und die Zeit bei Ihm im Haus über dem Fjord wird unvergesslich bleiben. Er war es auch der für mich noch einige Erkundigungen einholen konnte und mir dann doch grünes Licht für den Rückflug von Egilstadir nach Reykjavik und dann weiter nach Hause gegeben hat. Ein riskantes Spiel, der Wind fing an Richtung Westen zu drehen und drohte damit den Flughafen in Keflavik lahm zu legen, das nächste Schiff geht erst wieder in einer Woche.

Es hat funktioniert. Donnerstag Morgens bin ich von Keflavik in Richtung Heimat aufgebrochen. 24 Stunden später wurden die beiden Flughäfen in Reykjavik und der International Airport in Keflavik geschlossen.

Das Video auf Viemo ->

Viele Grüße und viel Spass mit dem Video
Andi
Zuletzt geändert von Andi Schönberger am Mo 10. Mai 2010, 17:40, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Video: April 2010 Iceland IMPASSABLE

Beitrag von marled » Sa 8. Mai 2010, 18:56

Fantastisch! Ich war hin und weg, als ich nach deinem Bericht hier die Bilder gesehen habe. Da stimmt einfach alles, auch die Musik!
Danke!!!!!!
Marled
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Dieter
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Re: Video: April 2010 Iceland IMPASSABLE

Beitrag von Dieter » Sa 8. Mai 2010, 20:38

Nach Betrachten des Films bleibt mir nur noch zu sagen:

... and the Oscar goes to: Andi


Dieter
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Re: Video: April 2010 Iceland IMPASSABLE

Beitrag von Orabidoo » Sa 8. Mai 2010, 20:57

einfach nur "WOW"
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Juschka
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Re: Video: April 2010 Iceland IMPASSABLE

Beitrag von Juschka » Sa 8. Mai 2010, 22:36

Hallo Andi,

erst gelesen und dann geschaut. Nach Minute 5 habe ich die Pausetaste gedrückt. Das will ich genießen. Solche Bilder muß man ja auch erst mal verarbeiten - Hammer!
Morgen geht es weiter, da freue ich mich schon drauf.


Liebe Grüße,

Juschka

P.S.: Das Zelt - ist es das Hogan Ultralight 1?
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Andi Schönberger
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Re: Video: April 2010 Iceland IMPASSABLE

Beitrag von Andi Schönberger » Sa 8. Mai 2010, 23:16

Hallo Juschka,

Ja ich muss Ihn derzeit selbst auch immer wieder ansehen :) Ist schon verrückt was passieren kann. Da träumt man Jahrelang bei so etwas einmal live dabei sein zu können und dann kommt diese Tour dabei raus!

Nein das Hogan Ultralight ist für solche Bedingungen ungeeignet. Diesmal war ich mit dem Exped Polaris unterwegs.

Danke für die positiven Rückmeldungen, das macht Freude und Lust in diese Richtung weiter zu machen!

und hoffe natürlich dass der Untergang der Wikinger nicht Wirklichkeit wird!


Liebe Grüße
Andi
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kaeltezone
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Re: Video: April 2010 Iceland IMPASSABLE

Beitrag von kaeltezone » So 9. Mai 2010, 06:40

Hallo Andi,
es ist immer schade wenn man eine Tour nicht wie geplant durchziehen kann. Aber die Bilder beweisen, Du hattest trotzdem einen tollen Aufenthalt. Mein Kompliment!

Gruß Stefan
Islandfreunde
Svartifoss-Fischer
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Re: Video: April 2010 Iceland IMPASSABLE

Beitrag von Islandfreunde » So 9. Mai 2010, 11:09

:!: :!: :!: RESPEKT! :!: :!: :!:

unglaublich schön, schaurig, packend, Respekt einflößend und einfach nur hervorragend!

Ich schließe mich der Jury an und plädiere für den Oskar in der Rubrik..... Bilder und DOCH so viel MEHR.....

Gratulation :!:

aus dem hannoverschen Umland
Petra
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Monique
Plauder-Elfe
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Re: Video: April 2010 Iceland IMPASSABLE

Beitrag von Monique » So 9. Mai 2010, 23:09

Danke für diese wunderschönen Aufnahmen! Irre!

(Sind es nicht die notwendigen Planänderungen, die das Leben so spannend machen? Bzw. wie langweilig wäre es, wenn das Leben nur nach Plan verliefe?)

Monique
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Twoflower
Prophet des Dettifoss
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Re: Video: April 2010 Iceland IMPASSABLE

Beitrag von Twoflower » Mo 10. Mai 2010, 00:12

Hi Andi!
ground control to major tom, - something´s gone off control .... :o
sachma haste ´n vakuum in der kamera, die saugt ja gewaltige bilder ein. 8-)
ich wollte doch jetzt noch kein reisefieber, sonst wirds noch ein reisekoma :roll:
einfach suuuuupaaaaaaaaaaaa.......... :!:
lg twoflower
wer bremst ist feige :D :D

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