Meine Frau und ich kommen ja grad erst wieder zurück von unserer Hochzeitsreise auf Island (eher ne verkappte Offroadreise, aber bring mal ne Bengalin nach Island, wenn´s net grad ihre Hochzeitsreise is ...

Nach vielen Jahren Offroaden in der Nebensaison (Herbst, Winter und Frühjahr) war ich nun also doch mal wieder in der Touristen-überfüllten Hochsaison August in Island.
Die Art und Weise, wie viele Offroad-Touristen ihr Abenteuer dort angehen, entlockt einem ständig wechselweise Schmunzeln bis Kopfschütteln:
Zuerst mal groß Lob und Anerkennung, für alle 1x-im-Jahr-Offroader, die sich wagemutig mit Matchbox-artigen Geländewagen im EU-Autobahnen-Serienzustand auf die isländischen Hochland-Offroad-Tracks mit ihren tiefen Furten wagen; oft genug mit Erfolg, deshalb meine ich das wirklich ernst mit meinem Applaus ob dieses Wagemuts und dieses wohl genetisch vererbten Offroad-Fahrkönnens!
Aber Jungs und Mädels: Warum macht ihr euch denn das Leben absichtlich so schwer bzw. gefährlich? Habt ihr nicht schon mal auf ner Postkarte oder in echt die Isländer selbst gesehen mit ihren Fjallabilar (Hochlandfahrzeugen)? Sind 38- oder 44-Zöller wirklich nur Show für Samstag Abend in Reykjavik Downtown? Ist es nicht einfach nur ein Stück Beruhigung mehr, wenn ich weiß, ich schwebe auf n paar Zentimeter mehr Gummi durch den Fluss, der vielleicht auf einmal n Stückchen tiefer ist als erwartet? Zudem ist es ne absolut billige Art des Offroad-Tunings (noch dazu leichtest zu revidieren): 4 Exemplare Mud-Terrain-Reifen fast aller großer Reifenhersteller (z. B. BF Goodrich, Goodyear,....) in dem bei den Isländern grad noch so als Offroad-Anfänger-Größe geduldeten Maß 35x12,5 Zoll kosten grad mal 800 Euronen in neu! Bei meinem technisch absolut serienmäßigen Volvo Lappländer im Plug-and-Play-Prinzip zu installieren: Draufstecken, fertig, Fahrzeug Hochland-tauglich! Die offizielle Werksfreigabe von Volvo gab´s umsonst für nen netten Telefonanruf!
Mein herzliches Beileid an alle deutschen Fahrer von Suzuki, Landy & Co., denen der TÜV offensichtlich lediglich Reifen in Matchbox-Format genehmigt. Oder woher sonst kommt diese geradezu Phobie der Festland-Offroader vor der für Island richtigen Reifengröße?
Das andere Kuriosum vieler Offroad-Touris auf Island (zu denen ich mich nach grade erst 7 Aufenthalten in 6 Jahren selbstverständlich auch zähle):
Offensichtlich haben die alle nen Infrarot-Röntgen-Blick für Wassertiefe oder bin ich der einzige 1x-im-Jahr-Island-Urlauber, der noch nicht alle Furten des Inselchens auswendig im Zentimetermaß kennt? Da fange ich grade an, das Flussufer auf und ab zu gehen, um schließlich doch wie immer mein Höschen zum Probewaten runterzulassen...- was passierte da vergangenen August immer wieder: Hinten kommt n Toyo oder Landy im o. g. Matchbox-Format an, legt ne halbe Gedenksekunde am Flussufer ein (wohl auch nur, um die Reduktion einzuschalten), und ab geht´s in die (bekannten???) Fluten!? Ja wen wundert denn da noch irgendwas... (hab nen Toyo auf Video gebannt, der bei so ner Aktion vor meinem Augen seinen braven 4-rädrigen Begleiter beinahe komplett versenkt hätte, leider konnte ich das Gesicht des Fahrers dabei net sehen, schade)
Also ich (32-jähriger Island-Offroad-Einzelkämpfer ohne Fahrtraining oder sonstige Vorkenntnisse, dafür mit knapp 30-Jahre altem und islanderfahrenen Fahrzeug) furte seit 6 Jahren auf Island erfolgreich nach folgendem Rezept:
1. 35er MT-Reifen bieten ein gutes und billiges Sicherheitspolster, falls es doch einmal tiefer werden sollte. Billig vor allem deshalb, weil sie net wirklich teurer waren als die beim Fahrzeugkauf montierten 33-Zöller und vor allem weil bei 35ern an nem richtigen Offroader (mein Beispiel: Volvo Lappländer) noch keine einzige Schraube verändert werden muss, um die Größe passend zu machen (im Gegenzug zu 38ern: Hier wird´s dann doch kompliziert und aufwendig mit dem passendmachen)
2. Mal og Menning-Karten selbstverständlich in Kombination mit dem guten alten Kompass, nem Kilometermesser für die Landkarte und "a Blöckle mit am Stift" zum Aufschreiben des Kilometerstands an jedem Fluss + Weggabelung (genau, ihr habt´s erraten: ergibt summasummarum n manuelles Navi!!!)
3. Badeschuhe und n Popometer, sprich: nen Arsch in der Hose, der net nass werden möchte...- beim obligatorischen Probewaten! Wenn ich so die Beiträge lese, hab ich den Eindruck, viele von euch kriegen ihren verwöhnten Arsch wohl net runter vom flauschig-warmen Fahrersitz!?? Meine (und wohl auch die aller Offroader-Isländer) Lösung und Prävention, um in alle Ewigkeit net in irgendnem Fluss steckenzubleiben: Erstmal zu Fuss durch (wer Lesen kann ist klar im Vorteil: Probewaten steht doch auf fast jedem Furtenschild), wenn das Popometer dann am anderen Ufer immer noch "Unterhose trocken" meldet, kommt der Karren auch durch (zumindest wenn ihr auch die minimale Wattiefe von ca. 80 cm habt). Die Kneipptour hat noch nen angenehmen Nebeneffekt: Ja, tatsächlich die Gesundung von Körper, Geist und Seele: Das hitzige und überschwängliche Offroader-Draufgänger-Gemüt wird erst mal abgekühlt für klare Gedanken wie: Schaffen´s der Karren und ich oder drehen wir in Würde um... Und: Wer 2x nen eiskalten Gletscherfluss ohne Warmduscher-Wathose, sondern in Unterhose durchgewatet hat, weiß automatisch gleich, wie´s sich´s anfühlen wird, wenn ein unbedachtes Experiment misslingt und der Karren mitten im Fluss flutet...
4. Während der Durchfahrt noch n weiteres "integriertes Anzeigeinstrument": Wenn der Fussraum in meinem Lappländer sich anschickt, zum Aquarium zu mutieren (so geschehen in der einzigen Furt neben dem Skogafoss hinauf zur Baldvinsskáli/Fimmvörduháls), weiß ich: hoppla, Willi, jetzt heißt´s keine weiteren Video-Session-Experimente mehr, sondern unverzüglich das Ufer erreichen!
Mit diesen wenigen einfachen Tricks kommt man in Island die wunderbarsten Offroad-Strecken incl. Furten ohne Risiko durch und hat ne Menge Spass und tolle Offroadbilder in der DigiCam, ohne teure Bergungsaktionen bezahlen oder gleich ganze Fahrzeuge in wohl unbekannten Flüssen versenken zu müssen...
Natürlich könnt ihr auch versuchen, Flüsse zu furten, in denen das Popometer beim Durchwaten schon auf Grundeis gefriert, aber das kann ja wohl von der Logik her schon gar net hinhauen: Popo ca. 80 cm hoch (meiner), Wattiefe Geländewagen meist 70-80 cm - und erzählt mir ja net, ihr könnt mit max. 31-Zöller Landies und Toyos tiefer waten als mein Lappi mit 35ern und Luftansaugung ab Werk auf Kniehöhe = 1 m!
Meine Offroad-Empfehlungen (die mit o. g. "Fahrtechnik" mit wie gesagt "richtigen" Geländewagen zu bewältigen sind):
- Laugavegur-Trek von Landmannalaugar nach "Thórsmörk-gegenüber" über Hrafntinnusker-Eishöhle (Vorsicht: Für schmale Fahrzeuge wie Lappländer und Pinzgauer ist der teils schräge Track an der Kippgrenze; und die Hänge darunter sind lang, da ginge es wohl mehrmals rundum

- Mein absoluter Geheimtipp: Wem die Kjölur zu langweilig und vor allem zu materialmordend (durch die stundenlange Rüttelei auf der Wellblechpiste) ist, der sollte - wie in dieser Rubrik schon erwähnt - nach Hveravellir (Süd-Nord gesehen) vor diesem Fluss (Name? Steht in meiner uralten Mál og Menning net drin) nach rechts abbiegen: F734, verläuft rechts von der großen Blöndulón (aber noch links vom kleinen Blönduvatn):
Einer der malerischsten und abwechslungsreichsten (leider etwas kurzen) Offroad-Tracks Islands, wie schon richtigerweise erwähnt eigentlich ein Reitpfad; die erste Furt (Süd nach Nord) durch die Blandá war im August spätnachmittags knapp unter Unterhosen-Maß, also für´s Fahrzeug kein Problem (unter Wasser große Steinbrocken, einfach drüberkraxeln; Furt schwer zu finden, von Süden her verlieren sich die Spuren auf dem Steinufer, also: Rüberwaten auf die andere Seite zum Tor im Zaun, genau hier einfach grad rüberfahren); die zweite Furt war tief, aber kurz (Lappi spotzte 2x kurz, dann ist er durch)
- Die F338 (Querverbindung Geysir/Gullfoss - Háifoss/Sprengisandur; immer den Strommasten nach) erfuhr ich - wie schon von euch in dieser Rubrik bemerkt - als fast schon langweiligen primitiven Kampf mit scharfkantigem Geröll, das einzige interessante waren im September 2003 die vielen Furten, alle mit nem richtigen Offroader leicht machbar - wir sind die Strecke mit nem Motorschaden nur auf 2 Zylindern gefahren, incl. Furten!
PS: Nix für ungut wegen vielleicht ein paar derb-direkten Worten - passt doch zu echten Offroadern, oder?